Sounddesign als Kunst: Braun x Virgil Abloh Wandanlage
Die Grenze zwischen Kunst und Design ist eine besonders feine. Virgil Abloh hat ihr mit seiner Neuinterpretation der »Braun Wandanlage« eine weitere Facette verpasst. Zum hundersten Geburtstag der deutschen Marke hat der amerikanische Architekt, Künstler und Kreative den Designklassiker von 1965 neu definiert – und zwar mit viel poliertem Chrom bei gleichbleibender Funktionalität. Vor allem Letzteres war für den aus Rockford, Illinois stammenden Abloh wichtig. Er wollte nämlich nichts weniger ein Stück »funktionale Kunst« schaffen. Die Form mit der markanten Steuereinheit, den zahlreichen Drehknöpfen, dem Tonbandgerät und dem schwebenden Plattenspieler blieb deshalb unangetastet – weil die von Dieter Rams gezeichnete Komplettanlage aus Sicht Ablohs ohnehin schon zeitlos ist.
Wo findet sich dann also der Kunstgedanke beim neuen alten Designobjekt, das sowieso schon als ausgesprochen schön gilt? Abloh kramt dabei tief in der afroamerikanischen Kultur der vergangenen hundert Jahre. Mit seiner Chromierung spielt er zum Beispiel an auf die Messing- und Silberinstrumente von Mamie Smiths Bluesband aus den 1930ern, aber auch auf die polierten Platten an den Autos von Hip-Hop-Stars der 1980er. Abloh schafft damit wiederum die Brücke zu Braun selbst und deren polierte Chrom-Design-Ästhetik, wie sie beim SM3-Rasierer von 1960 und dem T1 Toaster von 1961 zu finden ist.
»Es ist zeitlos und dazu gedacht, über viele Jahre hinweg geschätzt und genossen zu werden.«
Er selbst fasst es wie folgt zusammen: »Das Endprodukt entspricht dem Braun-Ethos, langlebige und zeitlose Dinge herzustellen – aber gleichzeitig das Erzählen neuer Geschichten zu ermöglichen.« Eine davon erzählt der Teilzeit-DJ gleich mal selbst. Auf seiner Soundcloud-Seite hat er den anderthalbstündigen Songmix »Internationalism« veröffentlicht, der seine musikalische Inspiration wiedergibt. Eine ohne Genregrenzen, aber mit vielen entspannten Klängen. Ergänzt sich am Ende dann auch perfekt mit dem Klassiker von Rams: schließlich macht gutes (Sound-)Design ein Produkt ja erst brauchbar.