Funniest Man Alive: Ryan Reynolds
Mister Reynolds, Sie wurden mal zum »Sexiest Man Alive« gekürt, sind gefeierter Filmstar, mit einer prominenten und schönen Frau verheiratet, haben drei Kinder … Eigentlich ist in Ihrem Leben alles perfekt, oder?
Ryan Reynolds: Fangen wir mit dem »Sexiest Man Alive« an. Erst mal muss man sich noch einmal kurz vor Augen halten, wer mir dieses Etikett verpasst hat. Es war ein Magazin. Und ich bin mir nicht ganz so sicher, ob eine Zeitschrift die beste Instanz ist, um über einen Status als Sexsymbol zu entscheiden. Das ist doch völlig subjektiv, vielleicht die subjektivste Sache auf Erden. Insofern kann ich nur darüber lachen. Abgesehen davon war ich es ja nur ein Jahr, danach kam ein anderer Kandidat dran.
Dann ist davon auszugehen, dass Sie nicht herumlaufen und sich damit brüsten, ein Sexsymbol zu sein.
Wenn ich das getan hätte, dann hätte mich längst jemand erschossen. Da bin ich mir ganz sicher.
Aber über Ihr familiäres Glück haben Sie sich oft genug ausgelassen. Was haben Sie dafür getan?
Zum Beispiel habe ich unsere drei Töchter gezeugt. Eine gigantische Leistung, die ich nicht unbedingt jedermann empfehlen kann.

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Sex, Art & Chocolate
»Ich habe unsere drei Töchter gezeugt. Eine gigantische Leistung, die ich nicht unbedingt jedermann empfehlen kann.«
Im Ernst, was machen Sie beispielsweise für Ihre Frau?
Alles. X-beliebige Dinge, die mir spontan einfallen. Blumensträuße sind immer eine gute Sache. Aber die inszeniere ich nicht als große Geste, sondern schenke sie ihr einfach spontan. Aber sie hat auch für uns einiges auf sich genommen. Weil ich drehen musste, unterbrachen wir unsere Flitterwochen. Statt Afrika gab es den Norden von Kanada. Die meiste Zeit verbrachten wir in einem eiskalten Motel. Dort lieferten wir uns tolle Schlachten beim Scrabble.
Wie empfinden Sie das Familienleben heute?
Vater zu werden hat mich innerlich geöffnet. Natürlich ist es das Normalste der Welt, doch gleichzeitig ist es eine ganz tiefgreifende Erfahrung, die dich total bewegt. Und ich liebe es jetzt, zu Hause zu sein. Vor zehn, 15 Jahren war ich glücklich und zufrieden damit, aus dem Koffer zu leben. Das hat sich komplett geändert. Das Einzige, was ich noch für mich brauche, sind gelegentliche Motorradtouren.
»Vater zu werden hat mich innerlich geöffnet. Natürlich ist es das Normalste der Welt, doch gleichzeitig ist es eine ganz tiefgreifende Erfahrung, die dich total bewegt.«
Wer ist für Sie ein Maßstab, was ein erfülltes Leben angeht?
Eindeutig mein Großvater. Mit 14 Jahren war er obdachlos. Er lebte in Zügen und Güterwaggons. Ein Jahr lang übernahm er verschiedenste Gelegenheitsjobs und sparte Geld. Das folgende Jahr machte er eine Ausbildung. Das ging so weiter, bis er ein Medizinstudium absolviert hatte. Danach wurde er ein renommierter Narkosefacharzt und Chef eines großen Krankenhauses. Ein absoluter Selfmade-Man, dessen Disziplin ich nur bewundern kann. Und er war durch seine Erfahrungen weder abgebrüht noch traumatisiert, sondern immer darauf bedacht, etwas zurückzugeben. In seinen harten Jahren hatte er Erfrierungen an den Füßen. Wenn er später jemand begegnete, der mit zerrissenen Schuhen herumlief, fragte er diese Person nach der Größe und kaufte ihr ein Paar.
Wie würden Sie Ihre eigene Kindheit und Jugend beschreiben?
Ich war der jüngste von vier Brüdern. Mein Vater Polizist, einer meiner Brüder wurde das auch. Es war also ein Haushalt voller Testosteron. Doch ich war anders gepolt. Ich lebte in meinem Kopf, verbrachte den ganzen Tag mit Träumereien, baute riesige Städte aus Lego. Es ist also kein Wunder, dass ich einen kreativen Beruf gewählt habe.
Wie war das Verhältnis zu Ihren Brüdern?
Streng genommen war ich für die kein kleiner Bruder, sondern eine bewegliche Zielscheibe. So schön diese Kindheit auf der einen Seite war, so oft wurde ich auch Opfer ziemlich ekelhafter Streiche. Das erforderte eine hohe Schmerzgrenze. Mein Bruder benutzte mein Gesicht zum Beispiel gern als Sitzkissen. Andererseits waren es auch Jahre voller Abenteuer. Meine Eltern waren bei mir etwas entspannter, weil sie schon drei Kinder hatten. Da gab es nicht so viele Verbote. Der Junge will aufs Dach klettern? Kein Problem. Er will sich für ein Heimvideo anzünden? Lass ihn machen.
Das haben Sie wirklich getan?
Mit Feuerzeugbenzin. Ich hatte Riesenglück. Wer immer diese Zeilen liest – machen Sie das ja nicht nach. Das Ganze hatte auch keinen filmischen Wert. Es wurde ein ganz kurzes Video, auf dem ich mich anzünde.
»Wer immer diese Zeilen liest – machen Sie das ja nicht nach.«
Wir hoffen mal, dass dieser Einfall nichts mit dem Verhältnis zu Ihren Brüdern zu tun hatte.
Nein, so furchtbar es teilweise war, so großartige Seiten hatte es auch. Nur ein Beispiel: Mit 13 wollte ich einen Ohrring. Meine Brüder meinten: »Wenn Du das tust, dann wird Dich Vater umbringen.« Ich habe es natürlich trotzdem gemacht, aber als ich dann nach Hause ging, fühlte ich mich wie ein Todeskandidat. Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie mein Vater eine Gabel nimmt, mir in die Halsschlagader sticht und ich dann am Esstisch verblute. Ich kam also heim und merkte, dass mein Vater ziemlich wütend ist. Aber er schaute nicht mich an, sondern meine drei Brüder: Jeder von den dreien hatte sich einen Ohrring zugelegt, um meinen Arsch zu retten. Für diese Heldentat kann ich die Momente verzeihen, in denen mein Gesicht als Kissen missbraucht wurde.
Waren Sie im Vergleich zu Ihren Brüdern ein Unschuldslamm?
Von wegen. Ich habe anderen Leuten üble Streiche gespielt – mit Knallkörpern und ich weiß nicht alles. Ich kann Ihnen das erst im Detail erzählen, wenn es verjährt ist. Mit 18 habe ich’s besonders schlimm getrieben. Wenn es einmal einen Tag des Jüngsten Gerichts gibt, werde ich mich für vieles verantworten müssen.