Mission RAL 2005: Lotus Elise Cup 250 Final Edition
Stuttgart ist nicht Monaco. Wer hier mit einem Auto auffallen will, kann sich noch relativ entspannt bei den Serien eines italienischen Sportwagenbauers bedienen. Selbst bei der Lackierung muss es nichts Extravagantes sein. Das Standard-Rot ohne Aufpreis reicht für gewöhnlich, und die Blicke der meisten Menschen folgen einem, wenn auch eher verstohlen. Gespielte Coolness und ein wenig Neid verbieten gerade in deutschen Großstädten eine allzu offen zur Schau getragene Bewunderung.
Ganz anders verhält es sich mit der Lotus Elise Cup 250 Final Edition. Von Coolness oder gar Zurückhaltung bei den Betrachtern kann da kaum noch die Rede sein. Daumen hoch! Offene Sympathie, ehrliche Neugierde. Und immer wieder die Frage: »Wo kriegt man diese Farbe her?« Die stellten wir doch gleich dem Besitzer Chris Hrabalek.
Herr Hrabalek, was ist das für ein Rot?
Diese fluoreszierende Farbe hat ihren Ursprung im Motorsport. Sie ist mit Lotus seit den 1960er-Jahren verbunden, als Lotus in der amerikanischen Indy-Serie unter dem Sponsor STP mit dieser Farbe antrat. Sie war damals schon sehr außergewöhnlich und ist es nach wie vor.
Nichtsdestotrotz gab es auch andere Marken, die sie benutzten.
Das ist richtig. 1971 wurde von Lancia der Prototyp des Stratos in dieser Farbe vorgestellt. Und Porsche hat 1972 einen Prototypen des 911 Carrera 2.7 RS in diesem Ton lackiert.
Er erinnert stark an ein Feuerwehrauto.
Die offizielle Bezeichnung lautet RAL 2005, es ist ein Farbton, der in Europa für Privatfahrzeuge gesperrt ist, da er ausschließlich für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, Rettung und Polizei verwendet werden darf. Das ist von Land zu Land unterschiedlich, in der Schweiz beispielsweise tragen Polizeifahrzeuge diese Farbe, in Deutschland vor allem die Feuerwehr und in Österreich die Rettung.
»Es war schwierig, Lotus zu überzeugen, ein Fahrzeug in dieser Farbe auszuliefern.«
Normalerweise kann man sie also nicht bei Lotus bestellen?
Ja und nein. In meinem Fall ging es leichter, da ich das Fahrzeug nach dem Brexit orderte. Da das Vereinte Königreich nicht mehr Teil der EU ist, fällt es eben auch nicht mehr unter deren Richtlinien, somit war es rein rechtlich gesehen möglich. Aber selbst unter diesen Umständen war es nicht ganz so einfach, Lotus zu überzeugen, ein Fahrzeug in dieser Farbe auszuliefern. Ich habe wirklich über einen Zeitraum von gut einem Jahr Matt Windle, den Vorstandsvorsitzenden von Lotus, in E-Mails immer wieder darum gebeten, diese Farbe haben zu dürfen, eben weil es der Link zur Motorsport-Geschichte der Marke ist.
Wo lag die Schwierigkeit?
Zum Teil in den Richtlinien des Herstellers im Hinblick auf Qualität. Diese Farbe ist extrem instabil, sprich die Farbe hat keine Beständigkeit, vor allem gegen UV-Strahlung.
Wie konnten Sie Lotus trotzdem überzeugen?
Eigentlich doch ganz einfach: »Matt, don’t you think that the last Elise built should leave Lotus with a glow?« Ich begründete es damit, dass es eben auch Designermöbel gibt, wie zum Beispiel einen Eames Lounge Chair, der ja auch lebt. Das Leder sieht nach zehn Jahren auch anders aus als am ersten Tag. Weniger begehrlich macht es den Sessel deshalb nicht. Im Gegenteil. Ich möchte sogar behaupten, dass gerade solche Designklassiker wie der Eames oder ein Barcelona Sessel im Original noch viel begehrenswerter sind als eine neue Auflage oder eine aktuelle Kollektion. Und die Patina an so einem Sessel ist vergleichbar mit der eines Automobils. Wir leben mittlerweile in einer Welt, in der die Menschen einen gewissen Meilen- oder Kilometerkult pflegen, ihre Autos abholen und ins Museum stecken. Dem möchte ich entgegenwirken. Ich bin der Ansicht, dass ein Auto bewegt und gefahren werden muss. Und da wird sich die eine oder andere Narbe abzeichnen. Seien es Steinschläge – oder eben das Bleichen des Lacks. Das ist eine Lebensgeschichte, die sich abbildet. Lebende Kunst.
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